Für die Oberstufenklasse von Herrn Janssen stand mit der Studienfahrt 2015 der letzte große Klassenausflug vor dem Abitur im nächsten Jahr an. Die Q1.2.c aus dem Geschichtsprofil war sieben Tage auf Studientour in Florenz – der Geburtsstadt der Renaissance.
„Pauschalgruppe Gold“, so sollte der von Herrn Janssen eigens kreierte Spitzname seiner Klasse vom Abflug in Hamburg an, über die Ankunft in Pisa und die von dort ausgehende Busfahrt nach Florenz in das dortige Hostel, bis zur Rückkehr eine Woche später lauten. Schon im Flieger merkten die Schüler, dass er sich etablieren würde.
Gemeinsam mit Frau Tränker, einerseits als Sportlehrerin obligatorisch für Strandbesuche, andererseits als Interessierte und Wissensquelle, wenn es um die Architektur und Kunst der Renaissance geht, flog der Kurs am 29.5. gegen 13.40 Uhr vom Hamburger Flughafen aus gen Süden. Schon hier machte sich so manche Nervosität breit, denn gut die Hälfte der Klasse hat ein Flugzeug noch nie von innen gesehen. Das (kurzweilige) Ziel: Pisa, Florenz besitzt keinen geeigneten Flughafen. Kurz vor 16 Uhr landete der Flieger sicher, die Erwartungen der Schülerinnen und Schüler stiegen, obwohl das eigentliche Ziel noch viele Kilometer entfernt lag. Dann der Ausstieg aus dem Flugzeug – und der erste Schock. Eine Hitzewelle. 27 Grad, fühlen sich aber an wie mindestens 34. Die Luft steht, der Himmel ist blau, keine Wolke zu sehen. Eindeutig nicht Deutschland. Eine Stunde dauerte die Busfahrt nach Florenz. Dort angekommen, folgte ein kurzer Fußmarsch, ca. zehn Minuten, in das gebuchte Hostel „Florence Plus“, etwas außerhalb des Stadtzentrums. Erste Eindrücke der Klasse: Eine schöne, alte Stadt. Enge Straßen, hohe Häuser, viele Menschen. Hier und da ist schon der Geruch von Pizza wahrzunehmen. Im Hostel selbst, das einen Outdoor-Pool, sowie Bar und Disco besaß, fand natürlich zunächst das übliche Prozedere statt; Betten beziehen und sich wundern, wieso es ein Laken gibt, dass man gar nicht über die Bettdecke ziehen kann, um dann festzustellen, dass eine Bettdecke bei deutlich über 20 Grad in der Nacht vermutlich nicht das wichtigste Zubehör sein wird, Koffer auspacken, und so weiter. Programmpunkte gab es an diesem Tag keine weiteren, abgesehen vom allabendlichen gemeinsamen Abendessen in von dem Kurs oder den Lehrkräften ausgewählten Restaurants. Ein vegetarisches Restaurant war die Wahl des ersten Abends und stieß auf…nicht gerade wohlwollende Bewertungen der Klassenjury.
Kommen wir zum ersten richtigen Tag: Nach einem durchaus reichhaltigen Frühstück (Halbpansion war im Preis enthalten) war es natürlich Zeit für eine erste kleine Stadttour. Die „Achse der Renaissance“, diese Epoche war das offenkundige Thema der Studienfahrt, mit dem imposanten Dom, der Orsanmichele und dem Bargello lieferte einen tiefblickenderen Eindruck der Schönheit dieser Stadt, die kleiner ist als Lübeck, aber mehr Einwohner besitzt, und die so einen ganz eigenen Charme ausstrahlt. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass diese Studienfahrt natürlich keine ganzheitliche Studienfahrt gewesen wäre, wenn alle Schülerinnen und Schüler nicht auch in Gruppenarbeiten ALÜs zu verschiedenen Aspekten der Stadt, etwa der Kunst, der Geschichte oder der Architektur und immer unter dem Gesichtspunkt der Renaissance, vorbereitet hätten, die dann vor den jeweiligen Objekten des Interesses präsentiert wurden. So gab es an diesem Tag Präsentationen bezüglich der florentinischen Stadtgeschichte und des berühmten David von Michelangelo, den die Klasse im Original in der Accademia betrachten konnte. Im großen Palazzo Vecchio, der sich unter anderem durch seine trickreichen Geheimgänge auszeichnet, konnte mit einer tollen Führung nachempfunden werden, in welchem Prunk die großen Familien Florenz‘ lebten. Am Abend dann das (eigentliche) Highlight des Tages: Original italienische Pizza!
Am Sonntag gab es den einzigen außerflorentinischen Exkurs der Woche, nämlich in die früher verfeindete Stadt Pisa. Dass der Schiefe Turm das erste Objekt der Begierde war, muss wohl kaum erwähnt werden. Gemeinsam mit dem gigantischen Dom, indem während des Besuchs die Messe stattfand, bildete er die einzigen beiden kulturell wertvollen Aspekte dieses Tages, denn der eigentliche Hintergedanke dieses Ausflugs war ebenso simpel, wie einleuchtend: Sonne, Wasser, Strand! Sonnenbrände sollten jedoch noch das geringste Übel dieses Tages darstellen, denn die Nach-Hause-Tour hatte es erst so richtig in sich: Die pisanischen Busfahrer hatten nämlich offensichtlich überhaupt keine Lust, neben ihren normalen Insassen noch einen 21 Mann und Frau starken Geschichtskurs mitzunehmen. Zu ihrer Verteidigung, ihre Busse waren allesamt hoffnungslos überfüllt, dennoch: Schon einige Straßen vorher in eine Seitengasse abzubiegen, um dem dahinten lauernden Haufen müder und verbrannter Jugendlicher zu entgehen, grenzt schon an Dreistigkeit, ebenso wie stures Vorbeifahren trotz verzweifelter Rufe und Gestikulation. Dass gerade, nachdem alle nach mehrstündigem Warten weitergezogen sind, um noch einen anderen Bus zu bekommen und doch noch in Florenz anzukommen, ein leerer Bus Richtung vorhin besetzter Haltestelle fährt und man keine Chance mehr hatte, ihn rechtzeitig zu erreichen, war bezeichnend für diesen ursprünglich als „Entspannungstag“ eingeplanten Sonntag. Irgendwie hat es dann doch noch funktioniert und mit einem Döner im Magen ging es im Anschluss für die meisten gegen Mitternacht nur noch an einen Ort: ins Bett.
Montag war Kirchentag. Von der Santa Maria Novella über San Marco und Santa Croce gab es jede Menge renaissancetypische Kirchenkunst und -architektur zu bestaunen. Nach einer eigenverantwortlichen Mittagspause waren die Santo Spirito und Branccaci Chapel die nächsten Ziele. Das Abendessen durfte nach eigenem Gusto gewählt werden. Ein gemeinsames Sitzen auf der Dachterrasse des Hostels und ein Besuch des wenige Minuten entfernten Parks rundeten den Tag ab.
Der Tag der Medici. Wenn man über Florenz spricht, wird kaum ein anderer Familienname so häufig fallen, denn kein anderes Haus hat es im Zuge der Renaissance und des Aufstiegs des florentinischen Großbügertums so weit geschafft wie sie. Und genau das verkörpern die zahlreichen Prunkpaläste und riesigen Kirchen, in denen sich verschiedene Medici-Genrationen selbst fast wie Götter darstellten. Die Capelle Medici und der Palazzo Medici Riccardi sind Beispiele hierfür. Es sind überwältigende Bauten, in denen sich der Reichtum ihrer Herren widerspiegelt. Etwas obskur, wenn man bedenkt, welche Armut diejenigen zu erleiden hatten, die nicht vom florentinischen Textilhandel des Mittelalters profitierten – ein Großteil der Bevölkerung. Noch obskurer ist das Abendessen an diesem Dienstag: Chinesisch in Italien. Wieso denn nicht? Gemeinsames Zusammensitzen auf dem Dach und im Park bildeten auch hier den Tagesabschluss.
Mittwoch. Die Hälfte der Studienfahrt ist schon vorüber. So mancher wird sich gefragt haben, wo die Zeit denn hin sei. Bis nachmittags hatte die Q1.2.c „frei“, der Nachmittag Bestand aus, so stand es zumindest auf Herrn Janssens offiziellem Zeitplan: „KUNST!!“. Die Uffizien von Florenz sind das riesige zu Hause von antiken bis spätbarocken Kunstwerken, sie gehören mit dem pariser Louvre zu einem der bekanntesten Kunstmuseen der Welt. Viele konnten die Gemälde und Bildhauereien kaum in voller Hingabe betrachten, der Gebäudekomplex ist so groß, dass es eine gefühlte Ewigkeit dauert, um, ohne zu tief drinnen gewesen zu sein, überhaupt den Ausgang zu finden. Mit typisch italienischem Abendessen, Pasta oder Pizza, klang der Tag allmählich aus.
Der vorletzte Tag in Florenz brach an, und der letzte, an dem es noch etwas zu erkunden gab. Die Architektur der Renaissance stand heute ganz besonders im Vordergrund, natürlich auch wieder begleitet von zugehörigen ALÜs. So ging es zum Palazzo Davanzati, dem Palazzo Strozzi und der Palazza Rucellai, an denen beispielhaft Merkmale der renaissancetypischen Architektur nachgewiesen und erläutert wurden. Am Nachmittag herrschte Freizeit, bis es am Abend in der Nähe des Doms mit einem wunderbaren Drei-Gänge-Menü einen besonders schmackhaften Abschluss, nicht nur des Tages, sondern auch der Studienfahrt gab: Spaghetti, Hühnchenbrust und Tiramisu. Lecker!
Wer Lust hatte, konnte sich am Abend einer letzten kleinen Wanderung durch die Stadt anschließen, um sowohl die alten als auch die neu gewonnenen Eindrücke auf sich wirken zu lassen.
Wenn nicht der eine oder andere schon am Abend zuvor mit dem Kofferpacken begonnen hatte, dann musste er sich jetzt sputen. Der Morgen der Abreise begann mit einem letzten gemeinsamen Frühstück um 9.00 Uhr, ehe gegen zehn die Zimmer geräumt werden mussten. Als Abschluss des Abschlusses diente gemeinsames Eisessen auf der Piazza di San Marco, auf dem auch das Gruppenfoto entstand. Ein letztes Mal ging die Klasse durch die schönen florentinischen Straßen, vorbei an ihren Bauwerken und Häusern, die teilweise schon ein halbes Jahrtausend dort stehen und entzücken.
Die Rückreise verlief ähnlich wie die Hinreise: Mit dem Bus fuhren wir nach Pisa, dort ging der Flug gegen 16:10 Uhr zurück nach Hamburg. Auch dabei lief alles glatt, und auch hier gab es eine Überraschung beim Aussteigen aus dem Flugzeug: 25 Grad, fühlen sich an wie 30, aber doch irgendwie nicht ganz so warm wie in Italien. Die Luft steht nicht so sehr, ein laues Lüftchen weht, der Himmel ist blau, keine Wolke zu sehen. Herr Janssen und Frau Tränkner verabschiedeten ihre „Pauschalgruppe Gold“ vom „Lernen am außerschulischen Ort XXL“, von einer tollen Woche in Florenz. Und eines steht fest: Selten hat studieren so viel Spaß gemacht!
Ricardo Kelm