Digitaler Wahnsinn?

Einblicke, Herausforderungen und Tipps: Experten im Interview über den Umgang mit Medien im Schulalltag

Ein Interview von Hanna, Setaiesh, Loullou, Linda, Marlene und Joris, alle aus der 5c

Wusstest du, dass durchschnittlich 90% der Schülerinnen und Schüler täglich über drei Stunden vor Bildschirmen verbringen? Oder dass 60% von ihnen schon einmal Cybermobbing erlebt haben? Diese Zahlen sind alarmierend und werfen viele Fragen auf: Wie beeinflussen technische Geräte und digitale Medien unser Lernen und unser tägliches Leben an der Schule?

Um Antworten zu finden, führte unser Presseteam ein spannendes Interview mit Herrn Annas, der Fachkonferenzleiter Informatik und einer unserer Medienkoordinatoren ist, und Herrn Wandelt, dem Medienpädagogen sowie Klassenlehrer der 5c. Sie geben uns exklusive Einblicke in ihre Arbeit, diskutieren die Vor- und Nachteile der Digitalisierung und teilen wertvolle Tipps für den sicheren Umgang mit digitalen Medien. Bist du neugierig, wie unsere Schule mit diesen Herausforderungen umgeht und was das für dich bedeutet? Dann lies weiter!

„Technische Geräte erleichtern viele Abläufe, aber wir verlieren grundlegende Fähigkeiten.“

Presseteam: Herr Annas, welche Aufgaben haben Sie in der Schule rund um die digitalen Medien?
Herr Annas: Zusammen mit Herrn Gehrich-Schröter bin ich als Medienkoordinator für unsere Schule tätig und gemeinsam mit Herrn Hinrichs für unsere 3D-Drucker zuständig. Als Fachkonferenzleiter Informatik beschäftige ich mich mit Medienbildung, Anwenderschulung und IT-Sicherheit im Rahmen der informatischen Bildung am TGL und bin Mitglied der Medienkonzept-AG unseres stellvertretenden Schulleiters Herrn Bleiß. Als Medienkoordinator kümmere ich mich unter anderem um das Netzwerk mit dem neuen Server, den CTOUCH-Tafeln und den Computerräumen und bin koordinierend an der Schnittstelle zwischen Schule, Schulträger und außerschulischen IT-Dienstleistern tätig.

Presseteam: Wie sind Sie zu diesen Aufgaben gekommen? Sie sind ja auch Lehrer hier?
Herr Annas: Nach der Schule habe ich den Ausbildungsberuf des Informationselektronikers erlernt und war vor meinem Studium einige Jahre in diesem Beruf tätig. Dann habe ich Mathematik und Physik studiert und das Studium als Diplom-Mathematiker abgeschlossen. Dieses wurde als Erstes Staatsexamen anerkannt und ich habe das Referendariat mit den Fächern Mathematik und Physik (S1/S2) am Gymnasium absolviert und im Rahmen einer Weiterbildung die Fakultas Informatik S1/S2 erworben. Aufgrund dieses Werdegangs und meiner Fächer interessiere ich mich sehr für eine gut funktionierende digitale Infrastruktur im gesamten Schulgebäude.

Presseteam: Wie finden Sie es, dass immer mehr technische Geräte in den Schulen eingesetzt werden?
Herr Annas: Es hat Vor- und Nachteile. Einerseits erleichtern technische Geräte viele Abläufe und sind in unserem Alltag selbstverständlich geworden. Das bringt auch Gefahren mit sich. Daher wird eine grundsätzliche Medienbildung zur sicheren Nutzung von uns allen erwartet, weshalb unsere Schule Wert auf eine durchgängige Medienbildung in allen Fächern legt, Informatikunterricht traditionell bereits ab der fünften Klasse anbietet und im Bereich Medienkompetenztraining und Gefahrenprävention auch mit außerschulischen Partnern kooperiert, wie zum Beispiel dem Offenen Kanal Lübeck, dem Institut für IT-Sicherheit der Universität zu Lübeck und dem Präventionsteam der Polizeidirektion Lübeck.

Andererseits verlieren wir durch zu frühe Nutzung grundlegende Fähig- und Fertigkeiten bei der Entwicklung des Gehirns und im sensomotorischen Bereich, was zur Zeit intensiv diskutiert wird und zu einem Umdenken an den Schulen führt. Es ist also sinnvoll, einen vernünftigen Mittelweg zu finden und am Trave-Gymnasium zu etablieren, woran Lehrkräfte und interessierte Schülerinnen, Schüler und Eltern gemeinsam in der Medienkonzept-AG arbeiten. Im Rahmen der schuleigenen Veranstaltungsreihe “Eltern an Bord” werden zu verschiedenen Themen Medienexperten in die Schule eingeladen. Die pädagogische Medienentwicklungsplanung findet in enger Abstimmung mit unserem Schulträger, der Stadt Lübeck, statt, die sich durch die Gestaltung eines einheitlichen IT-Warenkorbs um eine lernförderliche IT-Infrastruktur der Schulen in ihrer Trägerschaft kümmert, verbunden mit regelmäßigen Fortbildungen der Medienkoordinatoren, zum Beispiel in der Medienwerkstatt der SWHL Digital GmbH.

„Die größte Gefahr besteht darin, Kindern in der fünften Klasse Geräte zu geben, ohne sie auf die Risiken vorzubereiten.“

Presseteam: Herr Wandelt, ab wann sollten Apps wie TikTok, Snapchat, Instagram oder WhatsApp erlaubt werden?
Herr Wandelt: Es gibt Altersfreigaben, aber das eigentliche Problem sehe ich in der Nutzung. Da können wir uns verbessern.

Presseteam: Gibt es Apps, die Sie Jugendlichen empfehlen würden oder auch nicht?
Herr Wandelt: Natürlich gibt es gute Apps. Verbote allein helfen nicht weiter. Wir müssen unseren Schülerinnen und Schülern die Gefahren aufzeigen und gleichzeitig die positiven Möglichkeiten betonen. Kreative Apps wie solche zum Fotografieren, Filmen und Schneiden sind besonders empfehlenswert.

Presseteam: Welche Gefahren drohen durch die Medien?
Herr Wandelt: Die größte Gefahr besteht darin, Kindern in der fünften Klasse Geräte zu geben, ohne sie auf die Risiken vorzubereiten. Deshalb beginnt unser Trave-Medienkompetenztraining bereits ab der 5. Klasse.

„Studien zeigen, dass übermäßiger Medienkonsum die Motivation und Konzentrationsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler erheblich beeinträchtigt.“

Presseteam: Wie viel Zeit sollten die Kinder maximal vor den Bildschirmen verbringen?
Herr Annas: So pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn das hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel hatte ich an einer früheren Schule einen Schüler, für den die exzessive Nutzung elektronischer Medien, insbesondere von Online-Spielen, zur Sucht geworden war. Für ihn war aus Therapiegründen über einen gewissen Zeitraum völlige Abstinenz erforderlich, während es andere Jugendliche derselben Altersstufe gibt, die Computerspiele in ähnlicher Weise und auch über längere Zeiträume nutzen, ohne eine Abhängigkeit zu entwickeln. Durch Gespräche mit dem betroffenen Schüler und seiner Familie während und nach der Behandlung weiß ich, wie stark bei diesem Thema individuelle psychologische und soziale Faktoren eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen.
Herr Wandelt: Studien zeigen, dass übermäßiger Medienkonsum die Motivation und Konzentrationsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler erheblich beeinträchtigt. Zudem lernen Kinder durch Videospiele nicht die notwendigen sozialen Umgangsformen. Meine Empfehlung: Medienkonsum reduzieren, stattdessen Bücher lesen und Sport treiben.

Presseteam: Wie kann man den Mediengebrauch bei Kindern besser steuern?
Herr Wandelt: Unser Ziel ist es, die Eltern aktiv einzubeziehen.

Presseteam: Gibt es positive Aspekte an TikTok und Instagram?
Herr Wandelt: Ja, TikTok hat zum Beispiel einen interessanten Literaturclub. Auf YouTube gibt es Lehrer Schmidt, der Mathematik hervorragend erklärt. Aber Vorsicht, beide Apps haben ein hohes Suchtpotenzial.

Presseteam: Ab welchem Alter dürfen Ihre Kinder ein Handy haben?
Herr Wandelt: Meine Tochter ist 5 und darf keine Medien nutzen. Mein Sohn ist 9 und hat ein Smartphone, das er bei mir ausleihen kann. Das Gerät ist kindersicher, mit einem Apple-Kinder-Account, bei dem ich die Apps und Bildschirmzeit kontrolliere. YouTube und Safari sind deaktiviert.

Presseteam: Finden Sie, dass man unbedingt das neueste iPhone braucht?
Herr Wandelt: Zum Telefonieren reicht ein älteres Modell völlig aus. Für Kinder ist ein neues iPhone nicht notwendig. Ich selbst nutze ein neues Modell, weil ich intensiv mit Medien arbeite, insbesondere für unser Projekt „Trave+Medien“ und die Pressearbeit für die Schulhomepage.

Presseteam: Herr Annas, Herr Wandelt, vielen Dank für das Gespräch.

Transkript: Linda (5c)
Fotos: Presseteam (5c)